Johann Stossier

geboren am: 29. Mai 1909 in St. Martin/Techelsberg, Kärnten, Österreich
gestorben: Mai 1944 im KZ Neuengamme
Eltern: Josef und Theresia (geb. Bürger) Stossier
Geschwister: Maria, Anton, Josef, Georg

Johann Stossier wurde am 29.5.1909 in St. Martin/Techelsberg als ältestes Kind des Miniumwerk-Arbeiters Josef und der Theresia (geb. Bürger) geboren. Er hatte vier Geschwister (Maria, Anton, Josef, Georg)
1919 zog die siebenköpfige Familie nach Tibitsch/Saag am Wörthersee, wo sich auch die Fabrik befand. Dort arbeitete der Vater insgesamt 42 Jahre.

Johann besuchte die Schule in St. Martin, die ca. 3 km von Saag entfernt lag. Er war als einer der besten und fleißigsten Schüler bekannt und genoss daher einen sehr guten Ruf. Während seine Familie noch in Saag lebte, wohnte er bei verschiedenen Bauern der Umgebung und erlernte die Arbeiten eines Landarbeiters.
Obwohl bereits fünf Kinder im Haus waren nahm Familie Stossier die fünf Kinder einer verstorbenen Tante in die Familie auf. 1929 zogen sie zurück nach St. Martin am Techelsberg. Das Haus war aufgrund eines Brandes unbewohnbar, daher errichteten sie Notbaracken, in denen die Mädchen schlafen konnten. Johann schlief mit den anderen Buben im Stall. Sie mussten einen harten Winter verbringen ehe das Haus wieder bewohnbar war. Die Familie betreute eine kleine Landwirtschaft, die das Notwendigste abwarf, aber von jedem das Äußerste abverlangte. Sie unterstützten aber auch die Nachbarn, indem sie mit ihrem Pferd beim Bebauen und Abernten der Felder halfen. Eine dieser Nachbarsfamilien war die Familie Wohlfahrt, zu denen sich eine sehr enge Freundschaft entwickelte.

[title size=“3″]Religionswechsel[/title]

Johann wurde von seinen Eltern „streng“ katholisch erzogen. Doch er war immer bereit sich auch andere Meinungen anzuhören und darüber nachzudenken. Seine Nachbarn, die Familie Wohlfahrt, waren eifrige „Bibelforscher”. Während Johann ihnen bei der Arbeit am Feld half, kam es immer wieder zu Gesprächen über ihren Glauben. Johann begann intensiv die Bibel zu studieren, besuchte die Versammlungen bei Familie Wohlfahrt und kam bald zu der Schlussfolgerung, dass sich dieser Glaube auf die Heilige Schrift stütze. Am 26.3.1932 trat er aus der Kirche aus und wurde ein Zeuge Jehovas.
Johann nahm seine um 12 Jahre jüngere Schwester Maria des Öfteren zu Familie Wohlfahrt mit. Der Vater allerdings hatte zunächst keine große Freude über diese religiösen Gespräche.
Schließlich überrasche er die gesamte Familie mit dem eigenen Austritt aus der kath. Kirche. Er hatte heimlich die biblischen Schriften, die sein Sohn besaß, studiert und diese mit der Bibel verglichen. Dies veranlasste ihn Ende 1932 ebenfalls ein Zeuge Jehovas zu werden.

Johann nutzte jede freie Minute, um mit den Menschen in seiner Nachbarschaft über die Bibel zu sprechen. Zusammen mit der Familie Wohlfahrt erregte er durch diese Tätigkeit in der kleinen Gemeinde in St. Martin großes Aufsehen. Wenn es die Zeit zuließ, fuhr er mit dem Fahrrad über 80 Kilometer nach Wolfsberg. Dort verrichtete er die Arbeit eines „Kolporteurs” (Missionar).

[title size=“3″]Verfolgung und Inhaftierung[/title]

1937 besuchten Johann Stossier und Gregor Wohlfahrt sen. einen Kongress der Zeugen Jehovas in Prag. Auf diesem wurden die Anwesenden vor einer kommenden Verfolgung durch das Hitler-Regime gewarnt.

Als Johann und Gregor wieder zu Hause in St. Martin waren, berichteten sie ihren Glaubensbrüdern was sie gehört hatten, aber niemand konnte sich vorstellen, wie schnell und grausam dies für sie Realität werden würde.

Bald kam es zu Hausdurchsuchungen durch die Gestapo. Im letzten Moment konnte Johann noch alle Bibeln und die Wachttürme in einem Koffer mit einem Seil den Balkon hinunter lassen und im nahen Wald verstecken. Und auch die „Freunde” der Familie, die immer wieder auf Besuch gekommen waren, mieden plötzlich den Umgang mit ihnen.

[title size=“3″]Verhaftung[/title]

Johann Stossier wurde am 8.4.1940 gemeinsam mit seinem Freund Matthäus Pibal inhaftiert. Sie begingen das „Verbrechen“ mit Menschen über die Bibel zu sprechen und wurden von der Nachbarschaft angezeigt. Es ist sehr wahrscheinlich, dass auch die Verwandten Anton Urans, sich an der Anzeige beteiligten. Johann Stossier und Matthäus Pibal hatten viele religiöse Gespräche mit Anton Uran während der gemeinsamen Waldarbeit geführt, was zu dessen Verhaftung am 28.2. 1940 wegen Kriegsdienstverweigerung führte.

[title size=“3″]Konzentrationslager Sachsenhausen und Neuengamme[/title]

Zuerst kam Johann in das Gestapo-Gefängnis nach Klagenfurt. Dann war er vom 13.5. bis 14.5.1940 im Landgerichtsgefängnis Hof (Saale) inhaftiert. Schließlich wurde er am 23.5.1940 in das KZ Sachsenhausen eingeliefert. Dort erhielt er die Haftnummer 50079 (Quelle: Archiv-Nr. 2746, Internationaler Suchdienst).
In seinen Briefen deutete er immer wieder an, dass er und andere Zeugen Jehovas mit vielen Mithäftlingen heimlich über die Bibel sprachen. Etliche von ihnen, vor allem russische Gefangene, lernten so die Heilige Schrift kennen und wurden später Zeugen Jehovas.

Laut Vermerk auf der Geburtsurkunde soll Johann am 7.5.1944 bei einem Fliegerangriff auf das KZ Sachsenhausen umgekommen sein. Er war zur gleichen Zeit wie Anton Platzer in Sachsenhausen und hat denselben Todestag. Da sich beide an verschiedenen Orten befanden, ist diese Todesursache eher fraglich.

Gemäß den Recherchen vom Historiker August Walzl war Johann von April 1940 bis Mai 1944 im KZ Neuengamme und wurde dort getötet (vgl. Walzl 1994, 240). Auch Ida Luckinger (geb. Wohlfahrt) erinnert sich, dass Johann im KZ Neuengamme war. Dort musste er mit anderen Gefangenen das Moorgebiet entwässern. Welches Schicksal er wirklich erlitt konnte nicht geklärt werden. Seine Miniatur-Luther-Bibel wurde den Hinterbliebenen nach seinem Tod zugesandt. Heute ist diese kleine Bibel im Holocaust Memorial Museum in Washington D.C. ausgestellt.


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