Familienfoto:
Rückwärts: Gregor jun., Franz, Ida, Vater Gregor sen., Mutter Barbara
Vorne: Anna, Willibald, Kristian
Geboren am 10. März 1896 in Oberndorf, Gemeinde Köstenberg, Kärnten, Österreich
Wohnort: St. Martin/Techelsberg
Gestorben am: 7. Dezember 1939 in Berlin-Plötzensee hingerichtet
verheiratet mit: Barbara, geb. Struckl, geb. am 20.1.1898
6 Kinder: Sohn Franz, geb. 18.1.1920, Sohn Gregor, geb. 24.7.1921, Tochter Ida, geb. 3.4.1923, Sohn Kristian, geb. 11.10.1924, Tochter Anna, geb. 25.8.1926, Sohn Willibald, geb. 15.12.1927
Gregor Wohlfahrt sen. wuchs in einer Bauernfamilie am Köstenberg auf. Nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges wurde er zum Heer eingezogen und musste an der italienischen Front kämpfen, an der hunderttausende Menschen starben. Dieses schreckliche Erlebnis bewirkte, dass sich seine Einstellung zu Religion und Krieg vollständig änderte. Er sah, wie österreichische Priester die Truppen segneten und erfuhr, dass italienische Priester auf der anderen Seite dasselbe tun. Deshalb fragte er sich, warum katholische Soldaten dazu angetrieben wurden, andere Katholiken zu töten und ob Christen gegeneinander Krieg führen sollten. Der Priester hatte keine zufriedenstellenden Antworten.
Gregor heiratete nach dem Ersten Weltkrieg Barbara Struckl und im Laufe der Zeit bekamen sie sechs Kinder. 1927 erwarben sie eine kleine Landwirtschaft in St. Martin.
Ende der 1920er Jahre sprachen Matthias Bödendorfer und eine Frau Rosenzopf, Bibelforscher aus Klagenfurt, bei Gregor vor und übergaben ihm bibelerklärende Schriften. In der Literatur wurden ihm anhand der Heiligen Schrift viele Fragen, die ihn beschäftigten, beantwortet. Sein Kirchenaustritt und seine Taufe als Bibelforscher lösten in der kleinen Gemeinde St. Martin einen Sturm der Entrüstung aus. Der Großteil der Gemeinde beschimpfte die Familie wegen ihres neuen Glaubens, denn auch die Mutter, Barbara Wohlfahrt, und die Kinder bekannten sich schließlich zu den Bibelforschern.
Gregor Wohlfahrt begann zuerst unter seinen Verwandten und später auch von Haus zu Haus biblische Literatur zu verbreiten. Sein Nachbar, Johann Stossier, ein etwas 20jähriger Mann entschloss sich ebenfalls, ein Zeuge Jehovas zu werden und trat aus der Katholischen Kirche aus.
1937 besuchte Gregor sen. einen Kongress der Zeugen Jehovas in Prag, auf dem die Anwesenden auf die zu erwartende Verfolgung und Untergrundtätigkeit vorbereitet wurden.
Ein paar Tage nach dem Einmarsch Hitlers fuhren SA-Horden durch die Ortschaften und begannen Leute, die von ihren Nachbarn denunziert worden waren, auf Lastwagen zu verladen. Daraufhin begann auch in der Schule der Terror. Der 11jährige Sohn Willibald wurde vom Pfarrer Kanduth brutal ins Gesicht geschlagen, weil er den „Hitler-Gruß“ nicht leistete.
Anfang September 1939 wurde Vater Gregor von der Wehrmacht in Völkermarkt zur Einberufung vorgeladen, obwohl er aufgrund seiner schlechten Gesundheit vom Militärdienst befreit war. Er teilte dem Ausschuss mit, dass er als Christ an keinem Krieg mehr teilnehmen möchte. Daraufhin wurde er nach Wien überstellt. Während er dort festgehalten wurde, schrieb der Bürgermeister von St. Martin, Johann Holzinger, einen Brief an die Militärbehörde.
Er behauptete, Wohlfahrt sen. sei dafür verantwortlich, dass ander Zeugen Jehovas sich weigerten Hitler zu unterstützen. Als Folge davon wurde Gregor nach Berlin überstellt. Im Gefängnis Moabit lag er Tag und Nacht in Ketten. In der Zwischenzeit schrieb Sohn Franz seinem Vater einen Brief und teilte ihm mit, dass die ganze Familie entschlossen sei, seinem Beispiel zu folgen.
In Berlin wurde Gregor vom Reichskriegsgericht am 8.11.1939 als Staatsfeind zum Tode verurteilt. Das Urteil fällte der „Blutrichter des Dritten Reiches“ Roland Freissler, der für 2200 Todesurteile verantwortlich war (vglo. Baum, 2011, 5). Am 7.12.1939 wurde Gregor in Berlin Plötzensee enthauptet.
Öffentlich rehabilitiert wurde er am 18.11.1998.
Der Sohn Franz (geb. 18.1.1920) wurde wegen Wehrdienstverweigerung zu fünf Jahren Zwangsarbeit verurteilt. Über vier Jahre verbrachte er im Militärstrafgefangenenlager Rollwald in Rodgau/Dieburg (Siehe Wölbitsch 2000). Rehabilitation am 11.5.2004.
Der Sohn Gregor jun. (geb. 24.7.1921) wurde wegen Wehrdienstverweigerung am 14.3.1942 in Berlin-Brandenburg enthauptet. Rehabilitiert am 5.8.1998.
Die Tochter Ida (geb. 3.4.1923) kam am 21.9.1940 zu einer Offiziersfamilie namens Ebster in Klagenfurt und musste dort arbeiten. Ab dem Jahre 1941 arbeitete sie zwei Jahre auf dem Bauernhof von Luise Tarmann in Oberkreuth bei Fürnitz. Mitte 1943 durfte sie zu ihrer Mutter zurückkehren, um ihr in der Landwirtschaft zu helfen.
Die Söhne Kristian (geb. 11.10.1924) und Willibald (geb. 15.12.1927) kamen am 28.5.1942 ins Landerziehungsheim Landau-Queichheim/Saarpfalz in Deutschland. Als Ida ihre beiden Brüder dort besuchte, erzählte Willibald, dass er von einem Priester sexuell belästigt wurde. Mit 17 Jahren wurde Willibald zur Flak geschickt. Beim Ausheben von Schützengräben traf ihn ein Kopfschuss tödlich. Kristian wurde ohne Ausbildung an die russische Front geschickt und dort angeschossen.
Die Tochter Anna (geb. 25.8.1926) wurde am 11.4.1942 im Umerziehungsheim in Harbach zwangsuntergebracht. Im Herbst 1944 kam sie in ein Heim für verschickte Kinder nach Pörtschach am Wörthersee in die Pension Seerose, wo sie den Arbeitsdienst leisten musste.
Quellen:
Gerti Malle: „Für alles bin ich stark durch den, der mir Kraft verleiht.“ Widerstand und Verfolgung der Zeugen Jehovas in der Zeit des Nationalsozialismus in Kärnten. 2011 Kitab-Verlag Klagenfurt-Wien
Heide und Bernd Gsell/Peter Stocker/Greg Wohlfahrt (Hg): „Ich bleibe fest“ – Jehovas Zeugen in Techelsberg am Wörthersee während des Nationalsozialismus. Festschrift anlässlich der Gedenktafelenthüllung in Techelsberg am 19. Mai 2017
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