Unterbrunner Josef

Geboren: am 19. Februar 1911 in Molln, Oberösterreich, Österreich
Wohnhaft: Ramsau 143, Molln, Oberdonau
war nicht verheiratet, keine Kinder
Gestorben: 3. Mai 1945 auf der Cap Arcona (mit Schiff versenkt)
Vater: Josef Unterbrunner, Zimmermann
Mutter: Zäzilia Unterbrunner, geb. Bolterauer

von Josef Unterbrunner existiert kein Foto

 

Josef Unterbrunner, am 19. Februar 1911 in Molln geboren, war Mitte Zwanzig und unverheiratet, als er sich für die Lehren der Bibelforscher zu interessieren begann. Er stammte er aus einer Bauernfamilie und arbeitete im örtlichen Sensenwerk und war möglicherweise ein Arbeitskollege von Valentin Eder, der sich in dieser Zeit auch zu den Bibelforschern bekannte.
Er war ein lustiger junger Mann, der gut Zither spielen konnte. Im Jänner 1934 gab er seinen seinen Kirchenaustritt bekannt und schloss sich der kleinen Gruppe der Bibelforscher in Molln an (möglicherweise war er aber nicht getauft).
Am 21. Februar 1937 wird der Kirchenaustritt von Josef Unterbrunner in einem Zeitungsartikel bekannt gemacht:
Auszug: Steyrer Zeitung: 21. Februar 1937, Seite 11

„Laut Mitteilung der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf vom 30. Jänner 1937 sind in Molln aus der katholischen Kirche ausgetreten:
Am 28. Oktober 1933 Alois Eder, Molln 18;
am 21. Dezember 1933 Maria Mittenhuber in Molln 33;
Cäcilia Mollnhuber in Breitenau 93;
am 23. Jänner 1934 Josef Unterbrunner in Ramsau 141;
am 20. Februar 1935 Johann Rettenbacher, Ramsau 162;
am 10. Mai 1936 Franziska Breinesberger in Ramsau.
Einige werden leider noch folgen.

[title size=“3″]KZ Dachau, KZ Mauthausen, KZ Neuengamme[/title]

Wahrscheinlich wurde er wie alle anderen Bibelforscher von Molln kurz nach dem Abendmahl am 4. April 1939, von der Gestapo verhaftet. Von Molln weg wurde er zuerst nach Linz ins Gefängnis gebracht, wo er mit den anderen oberösterreichischen Zeugen Jehovas wie Alois Moser zusammentraf. Am 16.6.1939 wurde er ins KZ Dachau (Häftlings-Nr. 14816) eingeliefert.
Am 29. September 1939 wurde er mit 144 anderen Zeugen Jehovas nach Mauthausen überstellt.
Im September 1939 wurde das Lager Dachau kurzzeitig geräumt, um SS-Verbände auszubilden. 144 Zeugen Jehovas wurden deshalb von München in das Oberösterreichische Konzentrationslager verlegt, unter ihnen auch alle männlichen Bibelforscher aus Molln. Was sie dort erwartete, war noch viel schlimmer als die „Hölle“ von Dachau! Als die Zeugen von Dachau kommend um Mitternacht aus dem Viehwaggon kletterten, wurde ihnen gleich gesagt: „Mauthausen ist kein Sanatorium wie Dachau; wir werden euch alle kaputtmachen“ (Aussage des Zeitzeugen Alois Moser).

Außerdem wurden ankommende Zeugen Jehovas von dem gefürchteten Hauptscharführer Spatzenegger, der diese Häftlingsgruppe gerne als „Himmelskomitee“ und „Bibelwürmer“ bezeichnete, mit den Worten begrüßt: „Kein Zigeuner und kein Bibelforscher wird hier lebend wieder herauskommen. Höchstens kommt ihr alle nur durch den Kamin des Krematoriums wieder heraus!“ (Zeitzeugenbericht von Hubert Mattischek).

Dazu kam die spärliche Nahrung im Lager, die die Gefangenen in kürzester Zeit bis auf das Skelett abmagern ließ. Sie waren in solch schlechtem Gesundheitszustand, dass sich sogar die Besatzung im Lager Dachau entsetzte, als ein Trupp Häftlinge von Mauthausen in das Lager nach München zurückkehrte.

Am 16.8.1940 kam er wieder nach Dachau zurück und am 23.1.1941 wurde er nach Neuengamme bei Hamburg verlegt, wo er zum sogenannten „Angorakommando“ (Abfälle der SS-Küche wurden an Kaninchen verfüttert) kam.

Wie der Empfang in einem neuem Lager aussah, schildert der Zeitzeuge Edgar Kupfer-Koberwitz anhand von Aussagen, die ein jüdischer Häftling im KZ Neuengamme ihm gegenüber machte (aus: „Die Mächtigen und die Hilflosen, Als Häftling in Dachau, Band 1: Wie es begann“ S. 286, Friedrich Vorwerk Verlag KG, Stuttgart 1957)

„Als wir Juden von Dachau in den Block kamen, versteckten die anderen Juden, was sie hatten, um nicht teilen zu müssen. Du schüttelst den Kopf, aber es ist doch so. Draußen haben wir uns gegenseitig geholfen, aber hier, wo es um Leben und Tod geht, will jeder sich zuerst retten und vergisst den anderen. Aber denke dir, was taten die Bibelforscher? Sie trugen alles Brot zusammen, das sie hatten, nahmen sich die Hälfte davon und legten die andere Hälfte ihren Brüdern hin, ihren Glaubensbrüdern, die jetzt von Dachau kamen. Und sie bewillkommneten sie und küssten sie. Bevor sie aßen, beteten sie, und nachher hatten alle verklärte und glückliche Gesichter. Sie sagten, dass keiner mehr Hunger hatte. Siehst du, da habe ich mir gedacht: Das sind die wahren Christen, so habe ich sie mir immer vorgestellt. Warum können wir nicht so sein? Wie schön wäre es gewesen, unsere Brüder hätten uns einen solchen Empfang bereitet.“

Von Josef Unterbrunner wird auch berichtet, dass er seine Zither mit ins Lager nehmen durfte und so seine Mithäflinge mit einem Spiel erfreute.

[title size=“3″]Mit Schiff versenkt[/title]

Auszug aus Roland und Claudia Donabauer: Für die Welt sind wir lebendig tot – Jehovas Zeugen aus Molln widerstehen dem NS-Regime, Broschüre, 2009

„Mitte April 1945 begann die Auflösung des noch nicht befreiten Konzentrationslagers Neuengamme. SS-Mannschaften vernichteten belastendes Aktenmaterial, pferchten die Häftlinge in Güterwaggons oder trieben sie in langen Kolonnen auf Zwangsmärsche. Als der Häftlingszug im Ostseeraum ankam, bestiegen die Gefangenen mit gemischten Gefühlen die bereitstehenden Schiffe, deren Reiseziel den Häftlingen gänzlich unbekannt war. So kam auch Josef Unterbrunner auf das Schiff „Cap Arcona“.

Die SS hatte die Idee, schwimmende „Verwahrstätten“ einzurichten. Gemäß den Weisungen Himmlers sollte kein Häftling lebend in die Hänge der Alliierten fallen. Der Widerstand des Kapitäns der „Cap Arcona“ wurde durch Gewaltandrohung gebrochen und am Abend des 28. April 1945 brachte man etwa 4.600 Häftlinge an Bord, schloss sie unter Deck ein und ließ sie durch etwa 500 Mann bewachen. Es gab weder zu essen und zu trinken. Täglich starben 15 bis 30 Menschen, die an Deck gestapelt wurden. Da die Schiffe mit den KZ-Häftlingen zusammen mit militärischen Einheiten vor Neustadt lag, stellten die Nationalsozialisten den Alliierten eine perfide Falle zur Vernichtung der Häftlinge. Den Briten und dem Schwedischen Roten Kreuz gelang es nicht, die wahre Situation vor den Toren Neustadts rechtzeitig zu erfassen. …

Die „Cap Arcona“ wurde von mehreren Bomben getroffen und geriet in Brand. Erstickender Rauch und Hitze breiteten sich aus. Lebenden Fackeln gleich irrten die Häftlinge auf der Suche nach Ausgängen durch das brennende Schiff. Im Haupttreppenhaus stürzte die Hautdecke herab. Die wenigen, endlich nach draußen gelangten Gefangenen kamen an Deck in direkten Beschuss der Jagdbomber. Gegen 15.30 Uhr kenterte das Schiff in der relativ flachen Neustädter Bucht. Das unvorstellbare Ende überlebten weniger als 350 Menschen. In den folgenden Tagen trieben Hunderte von Leichen an den Stränden bei Scharbeutz, Haffkrug, Neustadt, Pelzerhaken an und wurden in Sammelgräbern beerdigt.“

Das Schiff „Cap Arcona“, worauf sich auch Josef Unterbrunner befand, wurde am 3.5.1945 versenkt.

Lt. Beschluß des BZG Steyr T98 / 49 3 wurde er am 13.12.1949 rechtskräftig für Tod erklärt Todesdatum: 07.05.1945. (siehe Buch für Todeserklärungen Nr. 728, Wien Innere Stadt Maria Hilf)

Weitere Details in: Roland und Claudia Donabauer: Für die Welt sind wir lebendig tot – Jehovas Zeugen aus Molln widerstehen dem NS-Regime, Broschüre, 2009, S. 58ff.

Die Marktgemeinde Molln errichtete 2003 für die Opfer aus Molln: Franz Bichler, Maria Dürnberger, Valentin Eder, Zäzilia Hauser, Maria Mittenhuber, Cäcilia Mollnhuber, Anton Spießberger, Franz Unterbrunner und Josef Unterbrunner ein Denkmal, das an die zivilen Opfer der NS-Gewaltherrschaft erinnern soll.


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