Geboren: 21. September 1920 in Wien
Gestorben: hingerichtet am 30. März 1940 in Berlin-Plötzensee
Eltern: Ignaz Steinacher, geb. 30. Juni 1891 in Wiener Neustadt, gest. 11. Dezember 1950
Mutter: Luise Steinacher, geb. Benda, 24. Juni 1895 in Strobnitz, Böhmen, gest. 1976
Bruder: Otto, geb. November 1918, starb am 22. Oktober 1937 an Nierenbeckenentzündung
Wohnhaft: 1120 Wien, Längenfeldgasse 68
Gerhard Steinacher wurde am 21. September 1920 in Wien geboren. Nach dem Besuch der Hauptschule im 6. Bezirk, Hirschengasse 18, begann er – lt. Mitgliedskarte der „Krankenkasse für kaufmännische Angestellte in Wien“ – vom 1. August 1935 bis zu seiner Verhaftung am 15. September 1939 eine kaufmännische Lehre als Kontorist und Lagerist bei der Firma Theodor Etti, 1100 Wien, Gudrunstraße 115.
In den 1930er-Jahren kam die Familie mit Bibelforschern, heute Zeugen Jehovas, in Kontakt. Ein Vermerk auf der Rückseite seines Taufscheins zeigt, dass er am 28. Februar 1938 aus der röm. kath. Kirche ausgetreten ist. Wie ein Kontakt zu den Bibelforschern zustande kam, ist unbekannt.
Fortan bestimmten die Worte „Du sollst nicht töten“ seine Handlungen. Gerhard lehnte es ab zur Waffe zu greifen und das NS-Regime zu unterstützen.
Gerhard Steinacher wurde am 15. September 1939 um ca. 15 Uhr verhaftet. Über einen Monat verbrachte er in der Haftanstalt in der Hardtmuthgasse 42 in 1010 Wien und wurde am 28. Oktober 1939 vin Wiener Westbahnhof in das Untersuchungsgefängnis nach Berlin NW 40 Alt-Moabit, überstellt. Seine Häftlingsnummer war 2980.
Die erste Verhandlung fand am 11. November 1939 statt und Gerhard Steinacher wurde wegen Zersetzung der Wehrkraft zum Tode und zur Wehrunwürdigkeit verurteilt.
Am 2. März 1940 wurde eine zweite Verhandlung angesetzt. Das Gnadengesuch wurde aber abgelehnt und das 1. Urteil bestätigt. Infolgedessen wurde Gerhard Steinacher am 30. März 1940 um 6 Uhr früh durch das Fallbeil hingerichtet.
[title size=“3″]„Schießen kann ich nicht“[/title]
Während Gerhard Steinachers Gefängnisaufenthalt in Berlin entstand zwischen ihm und seinen Eltern ein regelmäßiger und sehr berührender Briefkontakt, in dem Gerhard immer wieder beteuerte, Arbeiten leisten zu wollen, nur „SCHIESSEN KANN ICH NICHT“ sagte er immer wieder.
Noch in seinem Abschiedsbrief an die Eltern beteuerte er, dass er nicht gegen sein Gewissen handeln könne.
Am 29. März 1940 schreibt Gerhard:
„Liebe Eltern! Also, es hat keinen Sinn lange umher zu sprechen, es wurde mir vor 2 Stunden, um 7 Uhr mitgeteilt, dass ich am nächsten Tag um ca. 5 Uhr 50, hingerichtet werde. … Nicht den Kopf hängen lassen. Kopf hoch! Ich weiß, es ist schwer für Euch, so wie für mich. … Der Herr gebe euch Kraft. Ich will ja arbeiten und dafür als Versicherung es mündlich und schriftlich erklären, dass ich die Arbeiten mit Ehrgeiz und zur vollen Zufriedenheit leisten werden, aber schießen kann ich nicht … und das ist der schwere Punkt, um den es sich dreht. … Bis jetzt ist mir Gelegenheit gegeben worden nachzugeben. Ich will ja arbeiten, aber schießen, das kann ich nicht…“ (Wegen der leichteren Lesbarkeit wurde die neue Rechtschreibung verwendet)
[title size=“3″]Empfänger verstorben[/title]
Die Mutter schrieb Ende März 1940 zwei Briefe zur Ermunterung an Gerhard. Diese kamen Anfang April mit dem Vermerk „Empfänger verstorben“ nach Wien zurück. Gerhard Steinacher lebte nicht mehr.
Als die Mutter Luise Steinacher im Jahr 1976 starb, fand man in der Wohnung fein säuberlich aufbewahrt eine kleine Schachtel mit allen Briefen, die sie an Gerhard nach Berlin schrieb und auch seine Antwortbriefe. Luise Steinacher sprach nie über das tragische Schicksal ihrer Familie, denn auch der erste Sohn der Familie, Otto, ein talentierter junger Mann, starb bereits 1937 im Alter von 19 Jahren an einer Nierenbeckenentzündung. Zweieinhalb Jahre später wurde Gerhard hingerichtet. Vater Ignaz Steinacher starb bereits 1950. All die Jahre danach trug sie das Wissen um die heldenhafte Tat und den unerschütterlichen Glauben ihres Sohnes Gerhard stillschweigend im Herzen.
28 Briefe der Eltern an ihren inhaftierten und zum Tod verurteilten Sohn Gerhard und 25 Karten und Briefe von ihm aus der Haftanstalt in Wien und vom Gefängnis Berlin-Plötzensee an seine Eltern dokumentieren, wie der erst 19-jährige Gerhard bereit war, für seine Prinzipien – für die er leben wollte – zu sterben. Sein Glaube half ihm einen geraden Weg ohne Wanken zu gehen. Er folgte seinem Gewissen und seiner Überzeugung.
Obwohl die Grabstätte von Gerhard Steinacher unbekannt ist, ließen die Eltern auf den Familiengrabstein in Wien Meidling die Aufschrift meißeln: Er starb für Gottes Ehre
[title size=“3″]Gedenktafel und Gedenkveranstaltung[/title]Am 13. Mai 2015 wird in 1120 Wien, Längenfeldgasse 68, dem letzten Wohnort von Gerhard Steinacher eine Gedenktafel enthüllt. Die Erinnerung an seine mutige Tat.
Bei der anschließenden Gedenkveranstaltung wird die DVD „Gerhard Steinacher – schießen kann ich nicht“ veröffentlicht.
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Die Geschichte von Gerhard Steinacher und seine Briefe wurden in dem Buch:
Gerhardt Steinacher – Er starb für Gottes Ehre von Gyula Varga, Schachendorfer Kulturkreis, 1998 veröffentlicht.
Bericht auf jw.org: http://www.jw.org/en/news/releases/by-region/austria/gerhard-steinacher-memorial-plaque/
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