Spießberger Anton

Geboren: 3. Jänner 1889 in Pinsdorf bei Gmunden, Oberösterreich, Österreich
Verheiratet: mit Maria, verstarb sehr früh
Kinder: keine
Gestorben: vergast am 24. April 1942 im Schloss Hartheim

Anton Spießberger wurde am 3. Jänner 1889 in Pinsdorf bei Gmunden, Österreich, geboren. Anton machte schon in jungen Jahren schwierige Zeiten durch. Seine Mutter starb, als er sieben Jahre alt war und sechs Jahre später verlor er seinen Vater durch den Tod. Er musste wie viele andere in der Zwischenkriegszeit mit Arbeitslosigkeit und Not fertig werden. Er erlernte zwar das Schuhmacherhandwerk, doch war er ständig auf der Suche nach einem Broterwerb für sich und seine Frau Maria, die leider sehr früh starb, noch bevor ihnen Kinder geboren wurden. Arbeitslos und ausgesteuert zog er durch die Lande, völlig auf die Unterstützung großzügiger Mitmenschen angewiesen.

Da er evangelisch war, gehörte er im katholischen Oberösterreich eher zu einer Minderheit. Während er von der Politik enttäuscht war, nahm er seinen Glauben an Gott ernst und sprach gern darüber. Bei einem seiner Unterkunftsgeber im Raum Wels entwickelten sich Diskussionen mit dem Bibelforscher Simon Riedler, der in der Nachbarschaft lebte. Eines Tages entwickelte sich eine Diskussion über Politik, in deren Verlauf Anton Spießberger die Meinung äußerte: „Eine Wahrheit gibt es nicht!“ „Doch“ entgegnete Riedler, „die steht da drinnen!“ und deutete auf die Schriften, in denen Simon Riedler gerade las. Der evangelische Anton Spießberger wurde dadurch hellhörig und es ergaben sich viele Gespräche über die Bibel. Diese Lehren der Bibelforscher begeisterten ihn so sehr, dass er bald begann mit anderen darüber zu sprechen.

Als er einige Zeit später in Strobl bei Bad Ischl beim Schumacher Scheiblberger Arbeit fand, nahm er seine religiöse Überzeugung bereits mit und führte mit seiner Chefin lange Gespräche über die Bibel, was dazu führte, dass das Ehepaar Scheiblberger aus der Kirche austrat, was auch der katholische (!) Pfarrer von der Kanzel verkündete.
Um noch mehr Menschen zu erreichen, legte er weite Strecken – sogar bis nach Graz – zurück, und dies obwohl ihm das Gehen wegen seines Fußleidens schwer fiel.

Ende der 1920er Jahre zog er nach Viechtwang (Bezirk Grünau) und fand Arbeit als Schuhmachergehilfe bei einem nahegelegenen Schuhmacher. Ehemalige Nachbarn erinnern sich noch heute an seine Besuche:

„Herr Spießberger war ein großer, ernster Mann mit dunklem Haar, meistens schwarz gekleidet und trug ein Hemd mit einem Stehkragen. Zumeist kam er allein und zu Fuß, obwohl er Beschwerden mit den Füßen hatte. Im Abstand von mehreren Wochen besuchte er uns und unsere Nachbarn, brachte Schriften und las aus der Bibel vor.“

[title size=“3″]“NEIN“ bei der Volksabstimmung[/title]

Mit dem Anschluss an das nationalsozialistische Deutsche Reich im Jahr 1938 begann im Jahr 1938 eine systematische und unerbittliche Verfolgung seitens der neuen Regierung. Dies zeigte sich schon bei der Volksabstimmung über den Anschluss an das NS-Regime. In seinem Heimatort wusste man ganz genau, dass es nur drei Nein-Stimmen gab und dass eine davon der „nichtsnutzige“ Spießberger war.

Kurz nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten wurde vom Geheimdienst ein Spitzel in die Gruppe eingeschleust, dem es gelang, das Vertrauen von Anton Spießberger zu erlangen (Siehe Bericht in: Roland & Claudia Donabauer, „Für die Welt sind wir lebendig tot – Jehovas Zeugen aus Molln widerstehen dem NS-Regime“, Broschüre, 1999, Seite 38 ff). Im Sommer 1938 warnte Leopold Engleitner Anton Spießberger zur Vorsicht vor Spitzel der Gestapo. Urlaubsgäste hatten sich im Gasthaus von Maria Dürnberger eingemietet. Anton war sich aber ganz sicher, dass es harmlose Besucher seien, die wirklich an der Bibel Interesse zeigten. Leider hatte Leopold Engleitner Recht.

Nachdem man genügend Informationen über die einzelnen Glieder der Gruppe erworben hatte, brach eine rigorose Verhaftungswelle über sie herein. In Viechtwand im Almtal suchte man nach Anton Spießberger, dem vermeintlichen Leiter der Sekte. Er war nicht in einem Versteck untergetaucht, sondern arbeitete wie gewohnt beim Schuhmacher im Ort.

Als die Gestapobeamten am 19. April 1939 in die Werkstätte eintraten, um ihn zu verhaften, setzte sich sein Arbeitgeber für ihn ein: „Lasst’s ihn da, er ist ein guter Schuster und ich brauche ihn!“ Doch all seine Interventionen halfen nichts. Anton Spießberger wurde abgeführt und in sein kleines Häuschen gebracht.  Seine kleine Wohnung wurde völlig auf den Kopf gestellt. Sogar den Fußboden riss man heraus, um nach biblischen Schriften zu suchen. Anschießend wurde er ins Polizeigefängnis nach Linz gebracht, wo er auf sein Urteil warten musste.

[title size=“3″]KZ Dachau – Mauthausen – Dachau – in Hartheim vergast[/title]

Nach einem kurzen Aufenthalt im Polizeigefängnis der Stadt Linz wurde er am 16. Juni 1939 ins Konzentrationslager Dachau eingeliefert (Häftlingsnummer 1383). Im September 1939 überstellte man Anton Spießberger zusammen mit vielen anderen Häftlingen – darunter auch 144 Zeugen Jehovas – in das oberösterreichische Konzentrationslager Mauthausen. Der winterlichen Kälte und schweren Arbeit im dortigen Steinbruch war der über 50jährige Schuhmacher mit seinem Fußleiden jedoch nicht mehr gewachsen und so wurde er am 18. Februar 1940 nach Dachau rücküberstellt. Zwei Jahre konnte er in diesem Lager durchhalten, dann wurde er am 26. Februar 1942 erneut verlegt. Seine letzte Reise war ein Invalidentransport ins angebliche „Erholungslager“ Hartheim bei Eferding in Oberösterreich. Dort wurde er wahrscheinlich unmittelbar nach dem Eintreffen vergast. Die zynische Mitteilung über seinen Tod lautet:

„Laut Mitteilung des Konzentrationslagers Dachau ist Spiessberger am 24.4.1942 an Versagen von Herz und Kreislauf bei Lungenentzündung verstorben.“

Als persönlichen Besitz hinterließ er nicht viel: „1 Hut, 1 Hose, 1 Paar Socken, div. Papiere, 1 Rock, 1 Hemd, 1 Paar Schuhe, 1 Weste, 1 Unterhose und 1 Geldbörse“ werden als Nachlass aufgelistet, den keiner haben wollte.

Quelle: Roland & Claudia Donabauer, „Für die Welt sind wir lebendig tot“ – Jehovas Zeugen aus Molln widerstehen dem NS-Regime, 2009

Die Marktgemeinde Molln errichtete 2003 für die Opfer aus Molln: Franz Bichler, Maria Dürnberger, Valentin Eder, Zäzilia Hauser, Maria Mittenhuber, Cäcilia Mollnhuber, Anton Spießberger, Franz Unterbrunner und Josef Unterbrunner ein Denkmal, das an die zivilen Opfer der NS-Gewaltherrschaft erinnern soll.


Beitrag veröffentlicht

in

von

Schlagwörter:

Kommentare

3 Antworten zu „Spießberger Anton“

  1. […] von zwei Opfern in Mauthausen von Anton Spießberger und August Kraft siehe […]

  2. […] einem sogenannten „Invalidentransport“ nach Hartheim gebracht und vergast. (Siehe Lebensbericht Anton Spiessberger). Kein Lebenswert wurde auch psychisch kranken und behinderten Menschen zugestanden. Unter dem […]

  3. […] Bichler wurde des Öfteren von Anton Spießberger und Franz Unterbrunner besucht. Trotz Bemühungen seitens des Ortsgeistlichen schloss sich Franz […]

Schreibe einen Kommentar