Reiter Franz

(Vulgo: Franzl Pinzger)
Geboren am: 28. April 1903 in Munderfing, Bezirk Braunau, Oberösterreich, Österreich
Zuletzt Wohnhaft: Salzburg, Auerspergstraße 48
Beruf: Spengler, Schankbursche
Eltern: Anna und Josef Reiter
Geschwister: Resi und Ferdinand
Gestorben am: hingerichtet 6. Jänner 1940 in Berlin-Plötzensee

Die Eltern, Anna und Josef Reiter, bewirtschafteten in Bradirn 24, Munderfing/Bezirk Braunau eine kleine Landwirtschaft, wo Franz Reiter am 28. 4. 1903 geboren wurde. Seine Schwester hieß Resi, sein Bruder Ferdinand. 1917 verkaufte der Vater sein Anwesen und die Familie zog nach Schalchen um. Dort kaufte sein Vater das bäuerliche Anwesen, Hausname Pinzger, in Auffang 79 (ab 1948 Auffang 17).
Franz war sehr musikalisch. Er konnte gut Zither spielen und stellte sogar selbst ein Harmonium her. Seine nächsten Verwandten beschreiben ihn als sehr bescheidenen, demütigen Menschen.
Er lernte beim Sensenschmied Moser in Unterlochen (Gemeinde Schalchen) das Schmiedehandwerk. Seinen gelernten Beruf übte er nicht aus. Er zog Anfang des Jahres 1928 in die Stadt Salzburg, wo er als Schankbursch im Platzl-Keller arbeitete. Von seinen Vorgesetzten wurde er stets sehr gelobt. Franz hatte verschiedene Wohnungen, u.a. wohnte er im Ledigenheim. Zuletzt wohnte er als Untermieter bei Familie Ölmauer im Haus Auerspergstraße 48.

[title size=“3″]Kontakt zu Zeugen Jehovas[/title]
Anfang der 20er Jahre kam Franz Reiter mit Zeugen Jehovas in Mattighofen in Kontakt. Am 21.1.1929 trat er aus der röm. kath. Kirche aus. Er erzählte auch seinen Verwandten von seinem Glauben. Neffe, Anton Reiter, erinnert sich: „In den Jahren 1938-39 besuchte Franz einige Male die Familie seines Bruders Ferdinand (dessen jüngster Sohn ich bin) im Haus Unterharlochen 6. Bei geschlossenen Fenstern und zugezogenen Vorhängen hielt Franz zündende biblische Ansprachen. Eine Passage seiner Reden die ich als ca. 8jähriger Bub vernahm und mein Langzeitgedächtnis behielt, war: ,Das Schwert ist gezückt, die Hand bereits ausgestreckt‘“.

Seine Großmutter Berta Daxecker schloss sich 1943 den Zeugen Jehovas an und auch sein Neffe Anton.

[title size=“3″]Verhaftung und Hinrichtung[/title]
Franz verweigerte den Militärdienst und wurde bereits am 24. 11. 1939 durch das Reichskriegsgericht wegen Eidesverweigerung zum Tode und zum Ehrverlust auf Lebenszeit verurteilt. Die Verhaftung dürfte sehr rasch erfolgt sein, sodass er keine Zeit mehr hatte, seine persönlichen Belange zu regeln. Da er äußerst korrekt war, bat er in seinem ersten Abschiedsbrief, den er nur 9 Tage vor seiner Hinrichtung schrieb, seine Schuld von 5 Mark für das Zimmer und das Licht von seinem beim Hausmeister hinterlegten Taschengeld zu begleichen.

Am 24. 11. 1939 wurde Franz Reiter durch das Reichskriegsgericht wegen Eidesverweigerung zum Tode und zum Ehrverlust auf Lebenszeit verurteilt. Das Urteil wurde am 19. 12. 1939 bestätigt.
Einen Tag später wurde er in die Strafanstalt Berlin – Plötzensee überstellt.
Am 6. 1. 1940 wurde er dort durch Enthaupten hingerichtet.
Am 6. Jänner wurden in Berlin-Plötzensee noch vier Zeugen Jehovas aus dem Bundesland Salzburg hingerichtet: Johann Ellmauer, Gottfried Herzog, Franz Mittendorfer und Johann Nobis

Rehabilitierung
Franz Reiter wurde am 16. 8. 2005 vom Landesgericht für Strafsachen Wien rehabilitiert.
Am 23.3.2012 wurde für ihn vor seinem letzten Wohnort in Salzburg, Auersbergstraße 48 ein Stolperstein verlegt.

[title size=“3″]Brief und Abschiedsbrief[/title]

Brief von Franz Reiter, Berlin-Plötzensee, den 29.12.1939, Königsdam 7, Haus 3
Meine liebe Mutter und alle meine lieben Geschwister zuhause!
Zwei Briefe von Euch und einen von Engelbert mit Freuden erhalten, aber den von Engelbert konnte ich die Absenderadresse nicht lesen, da es nur außen war mit einem Stempel überdruckt; er möge es anders auf das Schreibpapier setzen. Ihr wolltet mir gerne ein Paket Lebensmittel senden, es ist aber hier so etwas untersagt. Das Essen ist nicht so wenig, hier habe ich schon genug. Aber um meine Sachen möchte ich ersuchen, die ich in Salzburg habe, nach Hause zu bringen, da es meiner Zimmerfrau in Weg gehen wird. Ich gebe die Adresse an, wo die Sachen sind; es ist nach den Namen Ölmauer zu fragen. Diese sind Hausmeister im Hause Nr. 48 Straße oder Auerspergstrasse, so hat es früher geheißen und ist heute noch so bekannt. Das Haus ist aber die ganze Zeit gesperrt, es ist an der Mauer an einen Knopf zu drücken bei Hausmeister. Es sind 3 Koffer dort, und einen habe ich bei Familie Lassl. Es wäre gut, daß Ihr zuerst an die Ölmauer schreiben möchtet, daß sie doch zuhause sind, wenn von Euch jemand kommt. Ich ersuche die Ölmauer, mir den Koffer von Lassl holen zu wollen. Die Ölmauer weiß schon, wo die Familie Lassl ist; es sind dann zusammen 4 Koffer. Die Reisekosten gehen auf meine Kosten. Bei Ölmauer habe ich eine kleine Summe Taschengeld, über das kann verfügt werden und lasse 5 Mark dort, das bin ich schuldig für Zimmer und Licht. Und richtet mir herz1iche Grüße aus und an alle Bekannten in Salzburg. Die Auerspergstrasse oder S-A Straße ist in der Nähe bei Hotel Sitter, vom Bahnhof zur Stadt. Die herzlichen Grüße von Eurem Franz und schreibt bald wieder. Meine Adresse ist wieder anders und ist auf der ersten Seite oben zu entnehmen.
Und meine lieben Alle, seid nicht bekümmert um mich. Mein Leben liegt in der Hand des Höchsten, ich bin guten Mutes, ich bitte jeden Tag den Höchsten, daß er Euch auch errette, wenn er sich aufmacht.
Und nun meine lieben Alle: Ihr wollt wissen mein Urteil, und wann ich frei werden würde, das kann ich Euch beides nicht sagen. Es ist nicht um mich allein zu tun, denn es sind ja viele, und alle erwarten auf die Befreiung des Höchsten.
Der Johann könnte mir die Familie Sax herzlich grüßen, die bei Dannerbäcker wohnen und ihnen berichten, wie es uns geht, wie ich Euch hier berichte. Vormittag, wenn das Wetter günstig ist, haben wir eine halbe Stunde frei zum Ausgehen. Jeder hat für sich eine Zelle. Die sonstige Zeit können wir mit Lesen von Büchern verbringen. Sonst gibt es nichts Neues. Nur haben wir wenig Schnee, eine flache Hand hoch und zwar auch nicht besonders kalt
. (eine ganze Zeile heraus zensuriert)

Abschiedsbrief vom Todestag
Name des Briefschreibers: Reiter Franz, Berlin Plötzensee, den 6. Jänner 1940 Königsdamm 7

Meine liebe Mutter und lieben Geschwister!
In meinem Glauben bin ich fest überzeugt, daß ich richtig handle. Ich hätte mich hier noch ändern können, aber das wäre Untreue bei Gott. Wir alle wollen Gott treu sein zu seiner Ehre. Wenn ich den Schwur [militärischen Eid] gemacht hätte, in meiner Erkenntnis so würde ich eine Todsünde begangen haben. Das wäre ein Übel für mich, es gäbe für mich keine Auferstehung. Ich halte mich aber daran, was Christus sagte: „Wer das Leben sucht, der wird es verlieren, und wer es verliert um meinetwillen, der wird es erhalten“.
Und nun meine liebe Mutter und alle Geschwister, ich habe heute mein Urteil erhalten und erschreckt nicht, es lautet auf Tod und wird morgen früh ausgeführt. Ich habe meine Stärke von Gott erhalten, wie es auch jedem wahren Christen ergangen ist, von jeher. Die Apostel schreiben: „Wer von Gott geboren ist, kann nicht sündigen“ und so auch ich. Das habe ich euch bezeugt und [ihr] habt es erkennen können. Meine Lieben alle, macht euch kein schweres Herz. Es wäre für euch alle gut, die heilige Schrift besser zu kennen. Wenn ihr alle standhaft seid bis in den Tod, so können wir uns ja bei der Auferstehung wiedersehen.
Ich empfehle meinen Geist dem Höchsten, der darüber verfügt.
Liebe Mutter und Geschwister seid nun stark im Herrn, daß ihr auch würdig werdet des ewigen Lebens, das für die ist, die nach der Gerechtigkeit dürstet.
Und zum Schluss, seid alle gegrüßt in Christo und dem Vater, dem Höchsten.

Euer Franz
Auf Wiedersehen!

[title size=“3″]Stolperstein[/title]

Für Franz Reiter wurde am 23. März 2012  vor seinem letzten Wohnort in Salzburg, Auersbergstraße 48 ein Stolperstein verlegt.
http://www.stolpersteine-salzburg.at/de/orte_und_biographien?categoryid=2
Quellen:
Erinnerungen von Anton Reiter (Neffe) und Karl und Maria Reiter
Meldeschein
Briefe
Militärhistorisches Archiv Prag, Buch der Urteile
Wachtturm-Bibel und Traktatgesellschaft (Hg.) Jehovas Zeugen — Verkündiger des Königreiches Gottes, Seite 662


Beitrag veröffentlicht

in

von

Schlagwörter:

Kommentare

Schreibe einen Kommentar