Geboren: am 27. Dezember 1909
Eltern: Alois und Josefa Eder
Geschwister: Josefa, Herta, Aloisia
Gestorben: am 25. März 1986
Valentin Eder wurde am 27. Dezember 1909 geboren und war unheilbar krank. Er hatte die „englische Krankheit“, die volkstümliche Bezeichnung für Rachitis. Valentin Eder blieb dadurch kleinwüchsig und wurde infolgedessen auch oft verspottet.
In den 1920er Jahren zog die Familie Eder von Viechtwang in die Ramsau bei Molln und mietete eine sehr bescheidene Wohnung in einem Nebengebäude der Familie Unterbrunner. Aufgrund des Platzmangels schlief Josefa bei ihren Eltern im Bett und Valentin verbrauchte die Nacht in einer größeren Kiste, die zu einem Bett umfunktioniert worden war. Da unter der Wohnung ein Bach durchfloss, war das Zimmer stets feucht und kalt.
Am 21. Februar 1937 wird der Kirchenaustritt von Vater Alois Eder in einem Zeitungsartikel bekannt gemacht:
Auszug: Steyrer Zeitung: 21. Februar 1937, Seite 11
„Laut Mitteilung der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf vom 30. Jänner 1937 sind in Molln aus der katholischen Kirche ausgetreten:
Am 28. Oktober 1933 Alois Eder, Molln 18;
am 21. Dezember 1933 Maria Mittenhuber in Molln 33;
Cäcilia Mollnhuber in Breitenau 93;
am 23. Jänner 1934 Josef Unterbrunner in Ramsau 141;
am 20. Februar 1935 Johann Rettenbacher, Ramsau 162;
am 10. Mai 1936 Franziska Breinesberger in Ramsau.
Der Taschenmesserfabrikant Ludwig Schwarz in Molln, bei dem Valentin Eder von 1926 bis 1928 das Messererhandwerk erlernt hatte, konnte ihn ab 1929 nicht mehr beschäftigen.
[title size=“3″]KZ Dachau, Mauthausen, Buchenwald, Auschwitz[/title]
1939 wurde Valentin Eder von seinem Arbeitsplatz weg verhaftet. Er wurde zu seinem Elternhaus gebracht, damit er ein paar Sachen einpacken konnte.
Obwohl er eine gewaltige Angst hatte, bewies er außergewöhnlichen Mut. Als die Beamten ihn unter Druck setzten, weil sie aus ihm die Namen und Adressen anderer Zeugen Jehovas herauspressen wollten, erwiderte der von vielen belächelte Valentin unerschrocken: „Die anderen müssen sie sich gefälligst selbst suchen!“
Valentin Eder kam am 3. Juni 1939 nach Dachau und erhielt die Häftlingsnummer 1193.
In Mauthausen nicht bekannt
In Buchenwald die Nummer 8244
In Auschwitz 152248 – das Foto von seiner Aufnahme in Auschwitz zeigt neben der Nummer das Kennzeichen, das Jehovas Zeugen erhielten – einen lila Winkel, ein färbiges Stoffdreieck, das entsprechend seiner Farbe die Häftlingskategorie symbolisierte, der man angehörte.
Im September 1939 wurde das Lager Dachau kurzzeitig geräumt, um SS-Verbände auszubilden. 144 Zeugen Jehovas wurden deshalb von München in das Oberösterreichische Konzentrationslager verlegt, unter ihnen auch alle männlichen Bibelforscher aus Molln. Was sie dort erwartete, war noch viel schlimmer als die „Hölle“ von Dachau! Als die Zeugen von Dachau kommend um Mitternacht aus dem Viehwaggon kletterten, wurde ihnen gleich gesagt: „Mauthausen ist kein Sanatorium wie Dachau; wir werden euch alle kaputtmachen“ (Aussage des Zeitzeugen Alois Moser).
Außerdem wurden ankommende Zeugen Jehovas von dem gefürchteten Hauptscharführer Spatzenegger, der diese Häftlingsgruppe gerne als „Himmelskomitee“ und „Bibelwürmer“ bezeichnete, mit den Worten begrüßt: „Kein Zigeuner und kein Bibelforscher wird hier lebend wieder herauskommen. Höchstens kommt ihr alle nur durch den Kamin des Krematoriums wieder heraus!“ (Zeitzeugenbericht von Hubert Mattischek).
Dazu kam die spärliche Nahrung im Lager, die die Gefangenen in kürzester Zeit bis auf das Skelett abmagern ließ. Sie waren in solch schlechtem Gesundheitszustand, dass sich sogar die Besatzung im Lager Dachau entsetzte, als ein Trupp Häftlinge von Mauthausen in das Lager nach München zurückkehrte.
Valentin Eder hatte noch Glück im Unglück. Durch seine Kleinwüchsigkeit kam er auch mit weniger Nahrung aus als die übrigen Häftlinge. Bedingt durch seine Behinderung bekam er außerdem weniger anstrengende Arbeiten zugeteilt.
Er konnte auch den strengen Winter 1940 von mehr als minus 30 Grad überleben, weil er die ihm viel zu große Häftlingskleidung einschlagen konnte, was ihm mehr Schutz vor der Kälte bot. Außerdem gehörte er zu den 25 Zeugen Jehovas, die am 18. Februar 1940 das „Glück“ hatten, nach Dachau überstellt zu werden. Mit ihm kehrten auch Anton Spießberger, Josef Unterbrunner und Alois Moser dorthin zurück.
Im Juli 1941 wurde Valentin Eder in das Konzentrationslager Buchenwald gebracht. Er erhielt die Häftlingsnummer 8244. Nach etwas mehr als 2 Jahren in Buchenwald musste Valentin Eder im September 1943 seine wenigen Habseligkeiten packen und wurde am 24. September 1943 in das KZ Auschwitz gebracht. Häftlingsnummer 152248.
Dort wurde Valentin als Pfleger im Krankenlager Block 28 eingesetzt, was für ihn erleichterte Haftbedingungen bedeutete.
[title size=“3″]Flucht[/title]
Als kurz vor Kriegsende eine größere Holzkiste aus dem Lager transportiert werden sollte, nutzte er angeblich die Gunst der Stunde und verbarg sich darin. Da das Lager kurz vor der Auflösung stand, glückte die Flucht. Er brauchte über zwei Monate für seinen Heimweg, da er sich aus Angst, in die Hände der Alliierten zu fallen, nur nachts marschierte und sich tagsüber versteckte.
Seine Rückkehr nach Molln war eine Riesensensation. Leider musste er den Familien Unterbrunner und Bichler vom tragischen Zugrundegehen der Ehemänner und Väter berichten.
Obwohl sein Leiden noch einen glücklichen Ausgang genommen hatte, veränderten der Terror und die Unmenschlichkeit des Hitlerregimes Valentin Eder für immer. Der einst lustige und unterhaltsame junge Mann war sehr wortkarg geworden, mied seine Mitmenschen und lebte ständig in der Angst, so etwas noch einmal durchmachen zu müssen.
Bis zu seinem Tod am 25. März 1986 blieb er ein Opfer des NS-Regimes.
Quelle: Roland & Claudia Donabauer, „Für die Welt sind wir lebendig tot“ – Jehovas Zeugen aus Molln widerstehen dem NS-Regime, 2009
Die Marktgemeinde Molln errichtete 2003 für die Opfer aus Molln: Franz Bichler, Maria Dürnberger, Valentin Eder, Zäzilia Hauser, Maria Mittenhuber, Cäcilia Mollnhuber, Anton Spießberger, Franz Unterbrunner und Josef Unterbrunner ein Denkmal, das an die zivilen Opfer der NS-Gewaltherrschaft erinnern soll.
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