Geboren: am 3. Dezember 1894, in Strasswalchen, Oberösterreich, Österreich
Vater: Alois Söllinger, Mühlenbesitzer
Verheiratet ab Juni 1920 mit dem Gendarmeriebeamten Georg Dürnberger aus Strasswalchen
2 Söhne: Walter geb. 4.1.1921, Heribert geb. 6.6.1922
Gestorben: am 9. März 1946
Maria Dürnberger, geb. Söllinger wurde am 3. Dezember 1894 in Strasswalchen geboren. Im Juni 1920 heiratet sie den Gendarmeriebeamten Georg Dürnberger aus Strasswalchen. Als Georg Dürnberger aus Krankheitsgründen seine Arbeit aufgeben musste, zog die Familie Ende der 1920er Jahre mit ihren beiden Söhnen in die Ramsau bei Molln, wo sie im August 1931 ein Gasthaus eröffneten. Maria war eine tüchtige Wirtin und da beide sehr umgängliche Menschen waren, wurde ihre Gaststätte schnell beliebt. Unweit davon lebte die Familie Thaller. Georg Dürnberger hatte zu Leopold Engleitner ein gutes Verhältnis, teilte die Glaubensansichten seiner Frau nicht, hatte aber nichts dagegen, dass Zeugen von auswärts in ihrem Gasthaus einkehrten und übernachteten. Sie nutzte oft ihre Gaststube um den Gästen bei passender Gelegenheit ihre Glaubensansichten zu erzählen. Einige Jahre später sollte ihr dies jedoch zum Verhängnis werden.
Im Sommer 1938 warnte Leopold Engleitner Anton Spießberger zur Vorsicht vor Spitzel der Gestapo. Urlaubsgäste hatten sich im Gasthaus von Maria Dürnberger eingemietet. Anton war sich aber ganz sicher, dass es harmlose Besucher seien, die wirklich an der Bibel Interesse zeigten. Leider hatte Leopold Engleitner Recht. Maria Dürnberger war einem Spion aufgesessen.
Ab dem Jahr 1939 musste einmal im Monat ein Stimmungsbericht an das Landratsamt weitergeleitet werden, in dem unter anderem über katholische und evangelische Glaubensbewegungen sowie Sekten informiert werden musste. Am 24. Mai 1939 schrieb ein Beamter pflichtbewusst: Dokument Nr. 19456/11, DÖW Wien:
„Die katholischen und evangelischen Glaubensbewegungen treten hier nach außen nicht in Erscheinung. Der Kirchenbesuch ist schwach. … Seit die Bibelforscherin Maria Dürnberger aus Effertsbach von der Gestapo in Linz festgenommen worden ist, war von einer Tätigkeit der Bibelforscher nichts mehr wahrzunehmen.“ Am Schluss fügte er noch hinzu:
„Die Bibelforscherin Maria Dürnberger aus Effertsbach wurde Anfang Juni 1939 in das Frauenschutzhaftlager Ravensbrück bei Fürstenberg überstellt.“
[title size=“3″]6 Jahre im KZ Ravensbrück[/title]
Maria Dürnberger wurde am 23. Juni 1939 in das KZ Ravensbrück eingeliefert und erhielt die Häftlingsnummer 1498.
Ihre Mitgefangene, Ilse Unterdörfer 1), verfasste folgenden Bericht:
„Am 19. Dezember weigerten sich einige Glaubensschwestern Munitionstaschen auf Soldatenuniformen zu nähen. Sie konnten es mit ihrem Gewissen nicht vereinbaren auf diese Weise die Kriegsanstrengungen zu unterstützen. Daraufhin mussten wir uns alle auf dem Lagerplatz aufstellen. Ob wir nicht die Arbeiten ausführen wollten, wurde gefragt. Alle weigerten sich. Man startete daher eine Kampagne, durch die wir gezwungen werden sollten, unsere neutrale Stellung als Christen aufzugeben und die Kriegsanstrengungen zu unterstützen. Zuerst ließen sie uns in nur leichter Sommerkleidung von morgens bis abends draußen in der Kälte stehen. Und es war einer der härtesten deutschen Winter mit Temperaturen, die oft zwischen -15 und -20 Grad C lagen. Die Nacht über sperrte man uns in den Zellenbau ein. Dort mussten wir ohne Decken auf dem blanken Fußboden schlafen. Dazu öffnete man die Fenster, damit kalte Luft durchzog. Außerdem erhielten wir am ersten Tag nicht ein einziges Stück Brot zu essen. Während der folgenden vier Tage erhielten wir unter den gleichen Verhältnissen nur die halbe Ration zu essen. Dann wurden wir weitere drei Wochen in einer dunklen Zelle eingesperrt und durften nur jeden vierten Tag einmal etwas Warmes essen. An den anderen Tagen bekamen wir morgens ein Stück Brot und eine Tasse schwarzen Kaffee. Als die SS Weihnachten feierte (vom 25. bis 27. Dezember), erhielten wir überhaupt nichts.
Danach wurden wir wieder in unsere Baracken geführt, die man für drei Monate zu Strafbaracken erklärte. Dies bedeutete noch weniger und noch schlechteres Essen sowie von morgens bis abends, sieben Tage in der Woche, schwere Arbeit mit Spitzhacke und Schaufel. Auch verweigerte man uns jegliche ärztliche Hilfe. Immer wieder drohten uns die SS-Führer: „Wenn ihr den Krieg nicht unterstützt, kommt ihr hier nur noch durch den Schornstein raus!“
Als der Frühling des Jahres 1940 kam, waren wir nur noch Skelette. Wir wären wie die Fliegen weggestorben, wenn nicht Jehova Gott, der von Himmler direkt herausgefordert worden war, gezeigt hätte, dass er sein Volk unter den schlimmsten Verhältnissen bewahren kann. Niemand von uns 500 Schwestern wurde ernstlich krank, keine einzige starb. Selbst einige SS-Leute sagten: „Da hat euch euer Jehova wieder mal geholfen!“ Und was noch wichtiger war, keine einzige Schwester hatte aufgegeben, alle waren treu geblieben.“
Die Bibelforscherinnen führten die Aufgaben, die nichts mit dem Krieg zu tun hatten, mit Fleiß und großer Sorgfalt aus. Als man diese Zuverlässigkeit und den allgemeinen Wert der Häftlingsarbeit erkannte, verbesserte sich die Lage der Zeugen Jehovas in den Konzentrationslagern. Während die SS in den Anfangsjahren besonders gegen diese Häftlingsgruppe wütete, änderte sich mit der Zeit ihre Einstellung.
Die politische Gefangene Margarete Buber-Neumann schreibt²) darüber:
„Bis 1942 waren alle Bibelforscherinnen in Ravensbrück die von der SS gesuchtesten und am meisten begehrten Arbeiterinnen im KZ. Sie säuberten die Häuser der hohen SS-Beamten, der Aufseherinnen, die Kommandantur, sie pflegten die Kinder der SS in deren Heim, sie waren Dienstmädchen beim Kommandanten, dem Schutzhaftlagerführer und der übrigen Lagerobrigkeit, sie schufteten in der SS-Gärtnerei „Kellerbruch“, sie betreuten die Bluthunde der SS, die Schweine, Hühner und Angorakaninchen. In ihrer Pflichttreue, Arbeitsamkeit, absoluten Ehrlichkeit und in der strengsten Befolgung aller SS-Befehle konnte sich die Lagerobrigkeit keine idealeren Sklaven denken. Es ging so weit, dass ihnen besondere Passierscheine ausgestellt wurden, mit denen sie ohne Bewachung durchs Lagertor zur Arbeit aus- und eingingen, denn eine Bibelforscherin würde niemals aus dem Konzentrationslager entfliegen.“ Siehe Ausweis von Maria Dürnberger
Man weiß nicht, welche Aufgabe Maria Dürnberger hatte, doch der Häftlingsausweis, den sie mit nach Hause brachte, beweist, dass sie zu einer Arbeitsstelle außerhalb des Lagers ging.
Zusammen mit Maria Mittenhuber harrte Maria Dürnberger bis zum Frühjahr 1945 in Ravensbrück aus.
Im April 1945 trieben die Nationalsozialisten die halbwegs marschfähigen Häftlinge in Richtung Norden. Es waren 15.000 Häftlinge aus Ravensbrück und rund 33.000 aus Sachsenhausen, die krank, unterernährt und nur notdürftig gekleidet, täglich 40 km Fußmarsch auf sich nehmen mussten. Tausende starben oder wurden von der SS ermordet. Auch Maria Mittenhuber war den Anstrengungen nicht gewachsen und starb auf diesem Todesmarsch.
Maria Dürnberger war die einzige der vier Zeuginnen Jehovas aus Molln, die nach dem Krieg nach Hause zurückkehrte. Ihre beiden Söhne waren zwar unversehrt geblieben, doch ihr Mann Georg Dürnberger lebte nicht mehr. Er war nicht lange nach ihrer Verhaftung vermutlich einem Schlaganfall erlegen.
Da sie sehr schwer krank nach Hause gekommen war verstarb sie am 9. März 1946 an den Folgen der grausamen Behandlung im KZ Ravensbrück.
Aufgrund ihrer Religionszugehörigkeit zu Jehovas Zeugen fand sich im Friedhof Molln kein Platz für ihr Grab, sodass sie in Kirchdorf begraben wurde.
Quelle: Roland & Claudia Donabauer, „Für die Welt sind wir lebendig tot“ – Jehovas Zeugen aus Molln widerstehen dem NS-Regime, 2009
Die Marktgemeinde Molln errichtete 2003 für die Opfer aus Molln: Franz Bichler, Maria Dürnberger, Valentin Eder, Zäzilia Hauser, Maria Mittenhuber, Cäcilia Mollnhuber, Anton Spießberger, Franz Unterbrunner und Josef Unterbrunner ein Denkmal, das an die zivilen Opfer der NS-Gewaltherrschaft erinnern soll.
1) Bericht von Ilse Unterdörfer: „Der Wachtturm“, 1.2.1980, S. 10,11, Wachttower Bible and Tract Society
2) Margarete Buber-Neumann: „Als Gefangene bei Stalin und Hitler“, Verlag Buse + Seewald GmbH, Herford 1985, S. 245-248
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