Blaschek Franziska und Anton

Blaschek Franziska geb. Jankovsky

Geboren: am 13. Oktober 1899 in Wien
Gestorben: am 1. Sept. 1976 in Wien
Eltern: Franz und Marie Jankovsky
Geschwister: Franz, Karl und Paula
Verheiratet: ab 1924 mit Anton Blaschek, geb. 20. Jänner 1894
Kinder: Anton 1924-1996, Emilie 1926, Ottilie 1928-2000, Hannes 1937-etwa 2002
Bibelforscherin ab 1935
Auf dem Foto: Emilie, Ottilie und Hannes

Verhaftung: 28. Oktober 1941 durch die Gestapo, Wien, Überstellung am 15. Dezember 1941 in das Landesgericht Wien
Verurteilung: am 5. März 1942 zu 6 Monaten Gefängnis wegen Zersetzung der Wehrkraft

 

Franziska Blaschek, geb. Janovsky, wurde am 13. Oktober 1899 ehelich in Wien geboren. Ihre Eltern Franz und Marie Janovsky waren von Beruf Fleischselcher. Sie hatte drei Geschwister, Franz, Karl und Paula. Die Eltern waren katholisch.
Als Kind hatte Franziska einen Verkehrsunfall, wodurch sie gehbehindert wurde.
Sie war auch eine sehr zierliche Frau von nur 1,53 Meter Größe. Noch vor dem 1. Weltkrieg starben 1913 zunächst der Vater und 1914 auch die Mutter. Daraufhin übernahm ihr älterer Bruder Franz die Vormundschaft. Bis zu ihrer Heirat wohnte sie bei ihrem Bruder. Nach der Volksschule und einem Jahr Bürgerschule war sie als Haushaltsgehilfin tätig. Politisch war sie nicht aktiv.

1924 heiratete Franziska den um 5 Jahre älteren Fleischhauer Anton Blaschek, der während des gesamten 1. Weltkriegs im Kriegseinsatz war. Ihr Mann gehörte bis 1930 dem Republikanischen Schutzbund an.
Franziska bekam vier Kinder: Anton, Emilie, Ottilie und Hannes. Die Familie wohnte in Wien II, Harkortstraße 3/17. 1932 wurde ihr Mann arbeitslos.
Familie Blaschek gehörte zunächst der evangelischen Kirche an. 1930 kam Franziska durch ihren Mann mit den Bibelforschern in Berührung. Anton Blaschek wurde 1934 im Wiener Römerbad und Franziska 1935 auf dem Anwesen der Familie Petrovsky (Eichgraben in NÖ) als Zeugin Jehovas getauft. Anton Blaschek übernahm innerhalb der Glaubensgemeinschaft im Raum Wien und Niederösterreich verantwortliche Aufgaben. Das Ehepaar traf sich auch während der Verbotszeit unter Schuschnigg mit Gleichgesinnten z.B. bei Ausflügen in den Wienerwald oder auf der Donauinsel, wo sie gemeinsame Bibelbetrachtungen durchführten.

Ab 1936 versteckte Familie Blaschek immer wieder Glaubensgeschwister in ihrer Wohnung. Zunächst Zeugen Jehovas, die aus Deutschland flüchteten. Im Sommer 1938 nahmen sie das Wiener Ehepaar Silberstein (Glaubensgeschwister jüdischer „Abstammung“) bei sich zu Hause auf, da deren Wohnung gekündigt wurde. Frau Silberstein konnte als Haushaltsgehilfin nach London auswandern, ihr Mann blieb weiter bei den Blascheks in Wien versteckt. Nachdem er monatelang in der Wohnung eingesperrt war, wagte er sich 1939 eines Nachts aus dem Haus, um spazieren zu gehen. Dabei wurde er auf offener Straße von einer Polizeistreife verhaftet und anschließend in ein KZ eingeliefert, wo er 1940 starb.

Die Kinder Anton, Emilie, Ottilie und Hannes wurden in die religiösen Aktivitäten voll einbezogen. Im Frühsommer 1938 wurden die Mädchen wegen Verweigerung des Singens von NS-Liedern und des Hitler-Grußes in der Schule verwarnt. Hiermit begann ein jahrelanges Martyrium für Franziska Blaschek.

[title size=“3″]Verhaftungen[/title]

Zunächst wurde in der letzten Oktoberwoche 1939 ihr Mann von der Gestapo abgeholt und „zur Beobachtung seines Geisteszustandes“ in die Nervenheilanstalt „Am Steinhof“ überstellt. Die Gestapo übte großen Druck auf Franziska aus, sich von ihrem Mann scheiden zu lassen, was sie jedoch kategorisch ablehnte mit der Begründung, „sie sei eine überzeugte Bibelforscherin und liebe ihren Mann und ihre Kinder“. Franziska verlor jede finanzielle Unterstützung und war gezwungen als Köchin in einem Gasthof arbeiten zu gehen. Dorthin konnte sie auch ihren erst 2 ½ Jahre alten Sohn Hannes mitnehmen.

Am 2. November 1939 um 5 Uhr früh kamen 6 Beamte von Gestapo, Jugendgericht und Polizei und holten ihre beiden Mädchen (11 Jahre und 12 Jahre) ab. Sie kamen in die KÜST in Wien 9 und wurden schließlich wegen angeblicher „Unruhestiftung“ von einem Heim in das andere geschickt, u.a auch in die Erziehungsanstalt „Am Spiegelgrund“, wo sie umerzogen werden sollten. Franziska besuchte ihre Töchter und ihren Mann so oft es ging.

[title size=“3″]Die Kinder wurden weggenommen[/title]
Die gesamte Familie wurde nun zum Objekt umfangreicher psychologischer Untersuchungen. In dem Beschluss des Landesgerichts Wien vom 12. Dezember 1939 wurde die Wegnahme der Kinder folgendermaßen begründet: „Die Mutter und die Kinder seien primitiv geartete Menschen mit wenig eigener Kritik, so daß sie dem Pathos und der scheinbaren Folgesichtigkeit des Mannes (Vaters) völlig verfallen seien. … Im vorliegenden Fall sei die ungünstige Familienkonstellation allerdings gegeben, keineswegs aber irgendwelche Mängel im Charakter der Kinder. Diese seien vielmehr sehr gut geartet, und seien ihren Eltern und Geschwistern mit besonderer Liebe zugetan. Es könne sogar gesagt werden, daß es sich – abgesehen von den geschilderten Störungen – um eine besonders gute, sittlich hochstehende Familie handelt.“

Nach 10 Monaten Steinhof erfuhr ihr Mann Anton durch einen ihm wohlgesonnenen Pfleger, dass er ins „Altreich“ auf „Erholung“ geschickt werden sollte. Sein Sohn Anton jun. verhalf ihm zur Flucht. Für Franziska wurde es nun besonders gefährlich, da sich ihr Mann im Untergrund in Wien und im Waldviertel aufhielt und von Unterstützung abhängig war.
Franziska hielt im Raum Wien den Kontakt zu ihren Glaubensgeschwistern aufrecht, die sie auch finanziell und durch Lebensmittelkarten unterstützten. Am 8. Oktober 1941 wurde ihr Mann Anton erneut verhaftet.

Am 28. Oktober 1941 wurden dann auch Franziska und ihr ältester Sohn Anton jun. von der Gestapo abgeholt und zum Gestapo-Hauptquartier am Morzinplatz, Wien 1, gebracht. Dort wurden Mutter und Sohn getrennt. Franziska Blaschek wurde in einen separaten Raum gebracht, wo sie nach einiger Zeit das Schreien ihres gefolterten Sohnes Anton jun. durch die geschlossenen Türen hörte. Die Gestapo wollte sie damit unter Druck setzen. Der 17jährige Anton jun. wurde schließlich gezwungen den Arbeitsdienst zu leisten und wurde danach als Gebirgsjäger in Jugoslawien bzw. Griechenland eingesetzt. Anton jun. weigerte sich zu schießen und kam in die Strafkompanie, wo er an vorderster Front Verwundete und Verletzte beiseite schaffen musste. Er erlitt ein Trauma und versuchte immer wieder zu flüchten.

[title size=“3″]Verurteilung[/title]

Franziska wurde am 15. Dezember 1941 ins Landesgericht Wien überstellt und am 5. März 1942, drei Tage nach ihrem Mann, durch ein Sondergericht zu 6 Monaten Gefängnishaft wegen Zersetzung der Wehrkraft (Teilnahme an illegalen Zusammenkünften der Bibelforscher, Erziehung der Kinder nach den Lehren der IBV (Internationalen Bibelforschervereinigung) verurteilt. Während der Untersuchungshaft erkrankte sie an einer schweren Mittelohrentzündung, durch die sie fast taub wurde. Für ihren Mann wurde zunächst die Todesstrafe beantragt, schließlich wurde Anton Blaschek jedoch zu 8 Jahren Zuchthaus verurteilt. Bis Kriegsende war er in den Zuchthäusern Garsten und Straubing inhaftiert.

Bei der Verhaftung Franziskas wurde ihr der kleine Hannes (3 Jahre) entrissen und auf einen Pflegeplatz in die Steiermark gebracht. Wie aus einem Brief an ihren inhaftierten Mann Anton zu erkennen ist, belastete Franziska die Wegnahme ihres Jüngsten ganz besonders: „Er ist zu Pflegeeltern gekommen, hoffentlich ist Burli gesund und bei guten Menschen. Seine Anhänglichkeit und daß er ein ruhiges braves Kind ist, wird das Herz seiner Pflegeeltern wohl bald gewinnen. Ich kann dir gar nicht sagen wie traurig ich bin wegen der Kinder und daß wir alle so zerrissen und schlafe die ganzen Nächte sehr schlecht, muß leider immer so viel denken, bin schon ganz fertig mit den Nerven. … Soll ich Burli seinen Pflegeltern schreiben oder Du? Die Adresse ist Schreiner Bauer in Welten 63, Post St. Martin a.d. Raab.“ (Brief von Franziska Blaschek aus dem LG Wien am 25. Jänner 1942).

Der Richter Dr. Wotawa, der den Vorsitz bei ihren und auch den Verhandlungen ihres Mannes führte, setzte sich danach sehr für Franziska Blaschek ein, indem er ihr eine Stelle als Köchin in seinem Haushalt verschaffte. Dadurch hatte sie einen Arbeitsnachweis und bekam zumindest Lebensmittelkarten, da ihr ansonst jegliche soziale Unterstützung verwehrt wurde. Durch seine Intervention bekam Franziska nach etwa einem Jahr wieder ihren Sohn Hannes zurück. Dieser erkannte die Mutter nicht mehr, war sehr scheu und redete kein Wort, hatte Erfrierungen an den Füßen und Händen und Krätze am Kopf.

Franziska litt sehr an den Haftfolgen und war ständig krank. Ihre Tochter Emilie wurde im Jänner 1942 aus dem Heim entlassen. Nach dem Pflichtjahr erlernte sie das Buchbinderhandwerk und konnte ihre Mutter finanziell unterstützen. Auch die jüngere Tochter Ottilie wurde im Sommer 1942 aus dem Erziehungsheim „Am Spiegelgrund“ entlassen.

Erst einige Zeit nach Kriegsende war Franziska Blaschek wieder mit ihrer gesamten Familie vereint. Als letzter kehrte im Oktober 1945 ihr Mann Anton vom Gefängnis nach Hause zurück und begann zusammen mit 6 überlebenden Glaubensbrüdern des KZ Mauthausen, die in Wien Zwischenstation machen mussten, wieder kleine Bibelstudiengruppen zu organisieren.
Am 7. November 1951 wurde Franzsika Blaschek auf Grundlage des Opferfürsorgegesetztes als religiöses Opfer des NS-Regimes anerkannt und erhielt aufgrund ihrer 50%igen Gesundheitsschädigung die Amtsbescheinigung ausgestellt.
Am 15. März 1976 verstarb ihr Mann. Franziska verstarb nur einige Monate danach, nämlich am 1. September 1976.

Quellen:
• DÖW 20100/8 OF-Akten Franziska Blaschek
• DÖW 20100/859 Fragebogen des Häftlingsverbands
• DÖW 14214 Urteilsschrift vom 5. März 1942
• Wiener Stadt- und Landesarchiv: Erkennungsdienstliche Kartei der Gestapo Wien
• Jehovas Zeugen Österreich/Geschichtsarchiv: Beschluss des LG Wien vom 12. 12. 1939; Psychiatrische Gutachten der Familie Blaschek vom 4.12.1939; Beschluss des Amtsgerichts Wien vom 15. 11. 1940, Brief von Franziska Blaschek aus dem LG Wien am 25. Jänner 1942; Amtsbestätigung des Jugendgerichtshof Wien vom 19. 3. 1946; Erinnerungsbericht der Tochter Emilie Benda aus dem Jahr 1998
• Lichtenegger, Renate: Wiens Bibelforscherinnen im Widerstand gegen den Nationalsozialismus, Diss., Wien 1984, Seite 292, 293


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