Ein Projekt des Instituts für Kunst im Öffentlichen Raum von Catrin Bolt, Graz, 9.11.2013 bis 9.11.2015
Graz: Radetzkystraße 6 bis Griesplatz 2
Die Novemberpogrome von 1938 gelten als bezeichnendes Ereignis, da erstmals von offizieller Seite Gewalt gegenüber Juden angeordnet war und Teile des Staatsapparats als auch der Bevölkerung in massiven Überrgriffen auf offener Straße gegen jüdische Mitbürger vorgingen. In Graz wurde nicht nur die Synagoge in Brand gesteckt – wie viele andere holte man auch den damaligen Oberrabbiner David Herzog nachts aus seiner Wohnung, misshandelte ihn auf offener Straße und bedrohte ihn wiederholt mit dem Tode.
Der von David Herzog aufgeschriebene Bericht (Erinnerungen eines Rabbiners 1932-1940) wurde von Catrin Bolt als LAUFTEXT auf den Gehsteigen aufgetragen und führt entlang jener Strecke, die der Rabbiner zu Fuß durch die Stadt getrieben wurde – ausgehend von seinem damaligen Wohnort in der Radetzkystraße bis zum Griesplatz.
„Und nun sagten sie zu mir, ich wolle ihnen 10 Schilling geben. Ich sagte ihnen, ich habe kein Geld bei mir, denn ich trug nur selten Geld bei mir. … Ich glaube, es gibt in keiner Sprache eine solche Flut von gemeinen Schimpfworten wie in der deutschen und diese alle wurden noch unterstützt mit wuchtigen Schlägen. Mit all diesen wurde ich belegt. Mörder, Räuber, Saujude, Vampyr, Blutsauger … Wir werden dir schon zeigen, daß du kein Geld bei dir hast …Nun kam er herunter und hieß den Chauffeur, mich zum jüdischen Friedhof fahren. Wir fuhren über die Radetzkybrücke, da zum ersten Male sah ich den in hellen Flammen lodernden Tempel, ich weinte fürchterlich, da schrien mir die Mordbuben zu: Nun jetzt soll dir dein Jehova, du Mörder, du Räuber, du Strolch, helfen. Da schau hin, wie dein Jehova brennt. Und nun wurde ich geohrfeigt, geschlagen, an den Haaren gerissen … Die Bestien schrien mich an und sagten: da schau, wie der Saujude heult und ohrfeigten mich hin und her und schlugen auf mich ein.“
Auszug aus Erinnerungen eines Rabbiners 1932-1940, herausgegeben von Walter Höflechner auf Grundlage einer Diplomarbeit von Andreas Schweiger, Band 32 der Publikation aus dem Archiv der Universität Graz, Akademische Druck- und Verlagsanstalt Graz, 2. Auflage 1997, S. 46-49
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