Wagner Alois

Geboren: 7.6.1907 in Eidexberg/St. Ruprecht/Raab, Steiermark, Österreich
Verheiratet am 5.11.1933 mit Maria, geborene Absenger, 1908, aus Petersdorf
Kinder: Sohn Alois, geb. 1936, Tochter Hilda, geb. 27.10.1937
letzter Wohnsitz: St. Ruprecht a.d. Raab, Breiteggerstraße 54
Todestag: geköpft am 17.10.1940 in der Haftanstalt Berlin Brandenburg-Görden

Alois Wagner wurde am 7. Juni 1907 in Eidexberg/St. Ruprecht/Raab in der Steiermark geboren. Er wuchs in Petersdorf auf und besuchte die Schule in St. Marein. Später war er Sägemeister in Fladnitz bei St. Ruprecht. Am 5.11.1933 heiratete er Maria Absenger aus Petersdorf. Sie bekamen 2 Kinder, Alois und Hilda. Der Vater, Franz Wagner, nimmt 1937 von Bibelforschern verschiedene Bücher entgegen. 1939 schloss sich auch Alois den Bibelforschern an.

Weil er der Einberufung nicht Folge leistete, wurde er in das Zuchthaus Berlin-Brandenburg gebracht.

Er wurde vor Gericht gestellt. Am 18. 9. 1940 wurde das Urteil verkündet: „Todesstrafe wegen Zersetzung der Wehrkraft“.

[title size=“3″]Briefe nach Hause[/title]

Aus der Haft schrieb Alois Wagner Briefe an seine Frau. Zwei davon sind noch erhalten:

Brief vom 22.9.1940 aus Berlin (auszugsweise):

„Meine liebe Frau und Kinder!

Vor allem seid ihr im Namen des Herrn auf das herzlichste gegrüßt und geküßt. Nun meine Lieben, wie geht es Euch? Hoffentlich seid Ihr alle gesund und wohlauf, was ich Euch von Herzen wünsche. Ich habe die Foto am 18. und den Brief mit größter Freude und mit besten Dank erhalten. Wegen dem Arbeitsbuch – das kommt bei mir nicht mehr in Frage.

Liebe Gattin und Kinder, ich gebe Euch bekannt, daß ich am 18. September meine Hauptverhandung gehabt habe und das Urteil lautet zum Tode! Teile Euch auch mit, daß ich sonst immer gesund, wohlauf und guten Mutes bin und freue mich auch teilhaben zu dürfen an den Verfolgungen und Leiden, die unser Herr und Meister Jesus Christus erlitten hat. Denn es steht geschrieben, daß alle die gottselig leben wollen in Christo Jesu Verfolgung erleiden müssen. ……..“

 

Brief vom 16. und 17. 10. 1940 aus Brandenburg (auszugsweise):

„Meine liebe Frau und Kinder!

………. Liebe Gattin, ich gebe Dir bekannt, dass ich heute, den 16. Okt. nach Brandenburg überführt worden bin. Und ich bin glücklich beim Tische des letzten Abendmahls. Morgen früh um 5h 30 werde ich den Weg um unseres Herrn Willen antreten. Und der Herr wird mich glücklich und wohlauf zu sich nehmen.

Liebe Gattin, sei nicht betrübt darüber, und mache Dir nichts daraus, es wird nicht mehr lange dauern, werden wir beisammen sein. Die Stunde ist ja da, wo Ihr vom Schlafe Euch erheben sollt. Denn jetzt ist unser Heil näher, als da wir gläubig wurden. Die Nacht ist vorgeschritten und der Tag hat sich genaht. Laßt uns also ablegen die Werke der Finsternis; und anlegen die Waffen des Lichts. Ich schäme mich des Evangeliums nicht – Es ist ja Gottes Kraft zum Heil für jeden, der glaubt für den Christen zuerst und auch für den Heiligen. In ihm wird offenbar die Rechtfertigung durch Gott, die aus dem Glauben stammt und zum Glauben führt, wie geschrieben steht. Der Gerechte lebt aus dem Glauben.

Nun liebe Gattin, sei immer fromm und stark und eine gute Mutter zu den lieben Kindern, denn unser Herr und Meister wird alles leisten. So soll die Gnade herrschen, durch Gerechtigkeit zum ewigen Leben durch Jesus Christus unserem Herrn.

Jetzt schließe ich mein Schreiben mit vielen herzlichen Grüßen und Küssen an Euch alle meine Lieben! Und auch an meine Bekannten und Verwandten.

Es grüßt Dich Dein treuer Gatte und Vater

Lebet Wohl!“

(auf eine Korrektur der Rechtschreibung in den Briefen wurde verzichtet)

Die beiden Kinder von Alois Wagner, Alois und Hilda, wurden der Mutter weggenommen und sie wurden zu einem Bauern gebracht. Später erhielt sie die Kinder wieder.
Hilda erzählte: „Ich wurde als 6-Jährige meiner Mutter weggenommen und zusammen mit meinem Bruder nach Pircha gebracht auf einen Bauernhof. Dort wurden wir sehr schlecht behandelt, mussten schwer arbeiten (z.B. Rüben hacken). Der Vater ist uns schon sehr abgegangen. Das ganze Leben war das eine Belastung. Sie kann sich Kriegsberichte oder Dokumentationen nicht anschauen. Das Thema wurde verdrängt.“

Seine Frau Maria war ebenfalls Bibelforscherin bis zu ihrem Tod in den 1970er Jahren.

[title size=“3″]Rehabilitierung[/title]

Am 16.8.2005 wurde Alois Wagner rehabilitiert. Landesgericht für Strafsachen Wien.


GEDENKPROJEKT 72/17

von Harald Schober
Gleisdorf: | In Verbindung mit dem Gedenkprojekt 72/17 – 72 Jahre nach den Todesmärschen in der Oststeiermark wurde am 20. April 2017 erstmals in Gleisdorf der sehr beeindruckende Film von Michael Gernot Sumper der Öffentlichkeit vorgestellt.

In diesem spannenden Dokumentarfilm kommen 20 Zeitzeugen aus Etzersdorf, Rollsdorf, Unterfladnitz und St. Ruprecht zu Wort. Der Film entstand im Jahr 2016.

Maria Wurm, die inzwischen leider verstorben ist, erwähnt in ihren Erzählungen Alois Wagner aus St. Ruprecht, der im Gegensatz zu den meisten damals Lebenden sich nicht von Hitlers Regime missbrauchen ließ.

Was ist über Alois Wagner bekannt?

Was sich viele Bewohner von St. Ruprecht fragen …

Am 22. August 2013 recherchierten Mitarbeiter vom Verein Lila Winkel in St. Ruprecht an der Raab über Alois Wagner, der bis zu seiner Verhaftung während des NS-Regimes in diesem oststeirischen Ort wohnte.

Ein junger St. Ruprechter sagte zu einer Mitarbeiterin vom Lila Winkel: „Bald werden die letzten Zeitzeugen gestorben sein. Es wäre schade, wenn sich niemand mehr an den Mut dieses Mannes erinnern würde.“

Am 17. Oktober 1940 wurde um 5.40 Uhr in Berlin-Brandenburg Alois Wagner aus St. Ruprecht/Raab hingerichtet. Warum starb der 33-jährige Familienvater?

Durch sein Studium der Bibel hatte er kennengelernt, dass Jesus Christus das Töten eindeutig verboten hat. Er war daher nicht bereit, im verlustreichsten Krieg der Menschheitsgeschichte, zu den Waffen zu greifen. Er liebte seine Frau und seine zwei kleinen Kinder, Hilde und Alois. Er konnte aber nicht, wie aus seinen Abschiedsbriefen hervorgeht, gegen sein christlich geschultes Gewissen handeln.

Der Grazer Historiker Mag. Heimo Halbrainer schreibt in seinem Buch: „In der Gewißheit, dass Ihr den Kampf weiterführen werdet“ über Zeugen Jehovas: „Sie verweigerten den Hitlergruß, da es ihnen unmöglich war, einem Menschen das nach biblischem Verständnis allein Gott vorbehaltene „Heil“ zuzusprechen. Sie unterließen deshalb auch Ehrenbezeugungen gegenüber der Fahne, verweigerten den Militärdienst sowie die Tätigkeit in Rüstungsbetrieben, was vor allem kriegsdienstverpflichtete Frauen taten.“

Warum sollte uns das interessieren, was vor 77 Jahren geschah? Der amerikanische Philosoph George Santayana schrieb: „Wenn man sich nicht an die Vergangenheit erinnern kann, ist man verurteilt, sie zu wiederholen.“

Viele Bewohner von St. Ruprecht fragen zu recht: „Wann wird es endlich ein Erinnern an Alois Wagner, diesen Helden des Friedens, geben?“

Alois Wagner rehabilitiert

Alois Wagner aus St. Ruprecht an der Raab wurde am 17. Okt. 1940 wegen Zersetzung der Wehrkraft in Berlin enthauptet. Seine Familie und seine Freunde mussten sehr lange auf seine Rehabilitierung warten. Am 14. November 2005 erhielt ich das Schreiben des Landesgerichtes für Strafsachen in Wien. Alois Wagner wurde über Antrag der Staatsanwaltschaft Wien rehabilitiert.

Alois Wagner wurde hingerichtet weil er auf Grund seines christlich geschulten Gewissens als Zeuge Jehovas in diesem barbarischen Krieg nicht zu den Waffen greifen konnte.

Das Leid, welches seiner Frau und seinen zwei kleinen Kindern widerfuhr kann durch die Rehabilitierung nicht weggewischt werden aber es ist ein wertvolles Zeichen, damit solches Unrecht nie mehr geschehen möge.

Es wäre schön wenn es für diesen Förderer des Friedens bald ein öffentliches Erinnern in Form einer Gedenktafel oder eines Straßennamens im Bezirk Weiz geben würde.

Während seiner verheerenden Amtszeit als Reichskanzler bekam Adolf Hitler Zigtausende von Briefen. Als die Sowjets 1945 das Gebiet um Berlin besetzten, wurden viele dieser Briefe nach Moskau gebracht und dort archiviert. Um herauszufinden, wer an Hitler schrieb und warum, hat der Historiker Henrik Eberle Tausende dieser Briefe ausgewertet uns seine Ergebnisse in dem Buch „Brief an Hitler“ veröffentlicht. Er erklärt:

„An Hitler schrieben Lehrer und Schüler, Nonnen und Priester, Arbeitslose und Kommerzialräte, Admirale und einfache SA-Männer.
Einige verehrten ihn als den wiedergeborenen Messias, andere erblickten in ihm das Böse schlechthin.“

Protestbriefe von Geistlichen gegen die Verbrechen der Nationalsozialisten musste der Historiker nach eigener Aussage allerdings „mit der Lupe suchen“.

Jedoch entdeckte er in den Moskauer Archiven eine Akte mit Briefen von Zeugen Jehovas aus den verschiedensten Gegenden Deutschlands, in denen die Methoden der Nationalsozialisten und die schlechte Behandlung von Jehovas Zeugen angeprangert wurden. Tatsächlich erhielt Hitler um die 20.000 solcher Protestbriefe und Protesttelegramme von Zeugen Jehovas aus insgesamt 50 Ländern. Tausende Zeugen wurden verhaftet, Hunderte hingerichtet oder starben an den Folgen der grausamen Behandlung. Dr. Eberles Kommentar: „In Anbetracht der Millionen Opfer des NS-Regimes erscheint diese Zahl gering, doch sie zeigt von einem Akt kollektiver und kompromissloser Selbstbehauptung, der Achtung abringt.“

 


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