Thaller Katharina

Geboren: 21. September 1921
Gestorben: 21. September 2013
Vater: Valentin Thaller
Mutter: Mathilde, geb . Heller
Geschwister: 4 Brüder, 1 Schwester, 1 Halbschwester

Verhaftung: 15. Mai 1943
Gefängnis/Konzentrationslager:
15. Mai 1943 bis 25. Mai 1943 Klagenfurt
25. bis 31. Mai 1943 Überstellung
1. Juni 1943 bis 15. Juni 1945 Konzentrationslager Ravensbrück

 

Katharina Thaller wurde am 21. September 1921 im Bezirk Klagenfurt-Land geboren. Der Vater Valentin war Heizer von Beruf, die Mutter Mathilde war Köchin. Katharina besuchte die Schule wo auch der römisch-katholische Unterricht Pflichtfach war. Allerdings stellte sie schon in jungen Jahren fest, dass es große Unterschiede zwischen Reden und Handeln in der Kirche gab. Die Mariengebete waren so monoton, dass sie gar keine Freude mehr an der katholischen Religion empfand.

In den 1930er-Jahren kam Vater Valentin mit den Bibelforschern in Kontakt. 1935 wurde in Klagenfurt das „Photodrama der Schöpfung“ aufgeführt, das auf Katharina einen starken Einfluss ausübte. Der Vater abbonierte die Zeitschriften „Der Wachtturm“ und „Das goldene Zeitalter“ und diese las Katharina regelmäßig. 1936 trat sie auf eigenen Wunsch aus der katholischen Kirche aus und schloss sich den Bibelforschern an, wurde aber erst 1943 ein getauftes Mitglied.

[title size=“3″]Verhaftung[/title]

Katharina wohnte mit ihrer Familie in einem gemieteten Haus rund 300 m vom Gut der Baronin Böhm von Penzing entfernt. Diese wollte, dass alle Mädchen im Dorf Mitglieder der BDM (Bund deutscher Mädchen) werden. Das lehnte Katharina jedoch stets ab. Eines Tages kam die Baronin in das elterliche Mietshaus und sagte zu Katharina, dass sie selbst auch in der Bibel lesen würde, jedoch sei nur das Neue Testament maßgeblich. Katharina entgegnete sachlich aber bestimmt, dass das Neue Testament das Alte Testament ergänze.  Über „diese Belehrung“ war die Baronin sehr verärgert, drehte sich um und verließ das Haus. Kurz darauf kam die Gestapo und verhaftete Katharina und ihren Vater.  Als Vorwand nahmen sie, dass der Vater Katharinas jüngsten Bruder (damals ca. 10 Jahre alt) verboten hatte, zum nationalsozialistischen Jugendtreffen zu gehen. Das wurde mit der religiösen Überzeugung der Familie in Verbindung gebracht. Es war offensichtlich, dass dies von der Nachbarschaft eingeleitet worden war.

Vater Valentin selbst schreibt in seinem Bericht, dass er von seiner eigenen Frau, die sich zu einer erbitterten Gegnerin entwickelte, denunziert wurde, was die Verhaftung auslöste.

Nach einigen Tagen Haft in Klagenfurt wurde Katharina von ihrem Vater getrennt und per Eisenbahn ins Konzentrationslager Ravensbrück befördert. Dort bekam sie die Häftlingsnummer 20308 und einen lila Winkel, der sie als „Bibelforscher“ auswies. Katharinas Vater bekam einen roten Winkel (siehe Lebensbericht Valentin Thaller).

Etwa 300 Zeuginnen Jehovas waren damals im KZ Ravensbrück inhaftiert. Katharinas Ankunft in Ravensbrück gestaltete sich hastig. Ehe sie sich bewusst wurde, wie ihr geschah, stand sie völlig entkleidet vor dem KZ-Arzt. Da Katharina seit ihrem zweiten Lebensjahr behindert war, interessierte er sich ganz besonders für sie. Er stellte sich ihr bei dieser Gelegenheit als Menschenfreund dar. Er fragte nach ihren Familienverhältnissen. Letztlich brachte er zum Ausdruck, dass er nicht begreife, warum sie und ihre Glaubensschwestern überhaupt hier waren.

Als Katharina später mit Scharlach unter Quarantäne gestellt wurde, hatte sie ein besonderes Erlebnis mit diesem Arzt. Er sah zwar aus wie ein Engel, war aber in Wirklichkeit ein sehr cholerischer und hinterhältiger Menschentyp. Bei den regelmäßigen und nach Laune außertourlichen Zimmervisiten mit den Häftlingsstationsschwestern, mussten alle Patienten in den Betten „habt acht“ liegen, denn sonst war ein Zornausbruch seinerseits sicher. Einmal saß Katharina am Fenster und genoss gerade die wärmenden Sonnenstrahlen, als der Arzt plötzlich ins Zimmer trat und sich forsch aber oberflächlich nach dem Zustand der Patienten erkundigte. Jedesmal, wenn er einen Patienten nicht im Bett vorfand, kam es zu einem Wutausbruch.

Erstaunlicherweise äußerte er kein einziges Wort, obwohl die Spannung im Raum bei seinem Eintreten sofort spürbar war. Katharina bemerkte, wie er ihren „lila Winkel“ fixierte. Sie stand respektvoll von ihrem Sitzplatz auf. Selbst als sie ihn anblickte, kam es überraschenderweise zu keiner Reaktion. Katharina erzählte später, dass der „lila Winkel“ oftmals ein Schutz war, nicht nur durch persönliche Erfahrung, sondern auch durch folgende.

Katharina war bei ihrer letzten Zwangstätigkeit im KZ Ravensbrück war sie beim sogenannten „Entwesungsdienst“ (d.h. Abtöten von Läusen an Menschen und Tieren mit heißem Schwefeldampf) verpflichtet. Sie konnte hierfür ohne Aufsicht das Lager verlassen. Der Heizer der Anlage war ein abkommandierter Soldat aus Thüringen. Dieser sagte ihr im Herbst 1944 sinngemäß, dass sie froh sein könnte, hier zu sein, da sie wenigstens ein Dach über dem Kopf habe und ein Maß an Ruhe und Ordnung vorhanden wäre. Tatsächlich fielen auf das Lager keine Bomben, während zum Beispiel keine 80 km weiter in Helmstedt die Einwohner Schlimmstes erdulden mussten. Der Soldat erzählte ihr von grausamsten Ereignissen (Mütter mit erfrorenen Armen, die erfrorene Säuglinge trugen). Trotz vieler Entbehrungen, wie fortdauernder Hunger und Kälte, waren sie als Gruppe von Zeugen Jehovas in dieser Zeit relativ geschützt. Als es dem Ende von Hitlers Herrschaft entgegenging, wurden die Schärgen immer brutaler. Da nichts mehr zu retten war, übte man sich in jeglicher Art von Zerstörung. Alle älteren Frauen verlegte man in das bereits aufgelassene Jugendlager. Ohne ersichtlichen Grund wurden alle Zeuginnen nach einiger Zeit wieder in die ursprüngliche Behausung zurückgebracht. Dies dürfte vielen letztlich das Leben gerettet haben.

Am 28. April 1945 kamen die Russen in Ravensbrück an. Von diesem Tag an waren alle Personen im KZ nicht mehr in Haft. Da alle Brücken zerstört waren, mussten alle bis Mitte Juni 1945 im Lager bleiben. Sobald sich die Gelegenheit ergab, fuhr man Richtung Heimat. Am 1. Juli 1945 war Katharina wieder in Klagenfurt.

Quelle: Persönlicher Bericht von Katharina Thaller, 1997

Siehe auch: Buch: „Für alles bin ich stark durch den, der mir Kraft verleiht“ Widerstand und Verfolgung der Zeugen Jehovas in der Zeit des Nationalsozialismus in Kärnten, Gerti Malle, Kitab-Verlag

Historische Bilder, Dokumente und Erinnerungen von 38 Familien ergeben ein umfassendes Bild einer verfolgten Minorität, die bisher kaum Aufmerksamkeit erfahren hat.

Für Bestellungen: ISBN 3-902585-57-8, www.kitab-verlag.com/webshop/pi3/pd162.html

 

 

 

 

 

 

 


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Eine Antwort zu „Thaller Katharina“

  1. […] abonnierte die Zeitschriften “Der Wachtturm” und “Das goldene Zeitalter”. Katharina, seine 1921 geborene Tochter, las diese gerne und schloss sich ebenfalls den Bibelforschern an. Die […]

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